Vor 53 Jahren wurde die BSG BA Neukölln mit genau dieser Sportart aus der Wiege gehoben. Fußball. Das war das erste Team, das unter der Flagge des Bezirksamtes Neukölln von Berlin sportlich aktiv wurde. Damals noch auf Ascheplätzen und mit richtigen Lederbällen.
In den Hochzeiten des BSG-Fußballs reisten die jungen Mannen in adretten Anzügen auch zu Turnieren nach England und spielten gegen Fernsehstars, wie Hans Rosenthal und Co.
Heute ist eines unserer Berliner Fußballstadien nach eben diesem Dalli-Dalli-Star benannt und nur noch wenige erinnern sich.
Spieler kamen und gingen
Die Jahre gingen ins Land und die Zeiten, aber auch die Spieler änderten sich. Vor 10, 11 Jahren dann, war die Abteilung Fußball kurz vor ihrem Ende; stand einfach personell vor dem Aus und die Sparte sollte aus der Gesamt-BSG abgemeldet werden. Die “Goldene Generation” hatte ein jähes Ende gefunden.
Zu diesem Zeitpunkt hat sich Oliver Kratky – buchstäblich zwischen Tür und Angel – ein Herz genommen und kurzerhand die sportliche Gesamtverantwortung für die Abteilung Fußball übernommen. Mich hat er in Abwesenheit zum stellvertretenden Abteilungsleiter ernannt, obgleich ich gar nichts davon wusste. So schnell kommt man zu einem Posten…
Und da standen wir nun. Mit 14 Tagen Zeit dem Vorstand eine Mannschaft zu präsentieren, die in der Lage ist in der neuen Saison am Spielbetrieb teilzunehmen. Andernfalls würde man uns abmelden. Zu diesem Zeitpunkt bestand unser Team noch aus drei Spielern. Und es war weit und breit niemand zu finden, der sich spontan unser Trikot übergestreift hätte.
Mit allen Mitteln haben wir dann jeden den wir auftreiben konnten bequatscht und teilweise auch bekniet für uns zu spielen. Hauptsache war, dass er nicht umfällt.
Ehrlicherweise gab es tatsächlich auch einen, der umgefallen ist. Kein Scherz. Auch Jungs, die nicht genau wussten, was das Regelwerk im Fußball alles so vorsieht. Aber allen, die sich damals für uns auf den Platz gestellt haben, jedem Einzelnen, sind wir wahnsinnig dankbar.
Denn dann kam der Tag der Abrechnung. Es wurde gezählt. 15 Spieler sollten wir nach zwei Wochen vorweisen. Am Tag der Wahrheit waren sie da. 14 Spieler und ein älterer Herr für das Tor. Geschafft! Wir wurden am Leben gelassen und starteten in die Saison.
Es lief mit Vollgas
Es lief bei uns. Vom ersten Tage an lief es. Zwar rückwärts und bergab, aber es lief. Alle gaben sich die größte Mühe, aber trotzdem schien es uns so, als ob diese erste Saison nach der Stunde null auch gleichzeitig wieder unsere letzte sein sollte. Aber das wollten wir nicht wahrhaben.
Also begannen wir mit allen Mitteln und auf allen Wegen für unser Team zu werben. Facebook wurde eingerichtet, eine (damals noch eigenständige) Webseite wurde aufgebaut, Twitter, Instagram, Google und selbst Handzettel haben Oli und ich auf Ständen ausgeteilt.
Langsam kamen sie dann. Neue Spieler auf dem Platz, alte Weggefährten als Zuschauer an der Außenlinie und Unterstützer.
Jede Woche eine neue Mannschaft
Na, vielleicht war es nicht wirklich jede Woche, aber gefühlt wechselte unser Personal tatsächlich sehr häufig und wir konnten keine Konstanz in das Team bringen. Immer und immer wieder ging es um den letzten oder vorletzten Tabellenplatz und nicht selten mussten die Jungs sich fünf, sieben oder neun Gegentore gefallen lassen.
Aber der harte Kern blieb. An denen perlte das alles ab. Jeder der bei uns blieb hatte das BSG-Herz in der Brust und wollte unbedingt, dass es weiter schlägt.
Und zum Ende jeder Saison dachten wir, dass wir das Team doch noch abmelden müssen. Und trotzdem ging es irgendwie immer weiter.
Es hing auch viel zu viel dran! Nicht sportlich. Da ging es eher darum unter hundert Gegentoren in der Saison zu bleiben. Sondern menschlich. Zwischenmenschlich. Längst war aus einer Fußballmannschaft eine Familie geworden. Spieler, die nicht mehr so aktiv waren, übernahmen die wichtigsten Rollen im Verein: Am Grill, in der Vorstandsarbeit, bei Feiern, Kinderbetreuung am Rande des Spieles. Wir waren – und wir sind! – eine Familie.
Zusammenhalten und wachsen
Über lange Zeit haben wir das gar nicht so wirklich wahrgenommen, aber das war das Geheimnis unseres Erfolges. Nicht sportlich natürlich. Aber der Erfolg, dass wir noch am Leben waren. Und so eine Ausstrahlung zieht die richtigen Menschentypen dann wieder an. So kamen immer wieder neue Jungs zu uns, die einfach passten. Menschlich und auf einmal auch sportlich! Wir wuchsen über die Jahre zu einem Team, dass nicht nur Spaß, sondern mittlerweile auch Erfolge hatte.
Dann greifen Gesetze. Du ziehst mehr und mehr davon an wirst besser und besser. Viele kleine Stellschrauben drehen, viel Arbeit im Hintergrund und ganz viel Optimismus hat uns nun dahin gebracht, wo wir heute sind.
Die goldene Generation ist zurück
Keine Schlaghosen mehr, keine Cordanzüge und der Ball ist aus Synthetik. Aber das ist sie nun heute: die neue goldene Generation der Ü18 BSG BA Neukölln. Jeder Einzelne. Von dem, der die Tore schießt, bis zu dem, der den Grill bedient, wie kaum ein Zweiter. Jeder trägt seinen Teil dazu bei, dass wir momentan wohl das beste Ü18-Team aller Zeiten haben.
Natürlich menschlich, aber diesmal auch sportlich!
Es ist wieder einmal unsere erste Saison mit einem neuen Team. Vielleicht werden wir am Ende nicht ganz oben stehen. Aber seid aufmerksam da draußen und habt uns auf dem Zettel… Wir kommen!
Rico Schinkel | Abteilung Fußball